
Ein verbesserter Bremsberechnungsprozess für Aufliegerhersteller
Egal ob es sich um ein Einzelstück oder eine Serienproduktion von zigtausenden von Aufliegern handelt – die Hersteller sind gesetzlich zu einer, im Vorfeld der Produktion durchgeführten Bremsberechnung, verpflichtet.
So soll gewährleistet werden, dass die angegebenen Bremskomponenten die richtige Größe haben und entsprechend integriert sind, um eine den gesetzlichen Anforderungen („UNECE Regelung Nr. 13“) entsprechende und ausreichende Bremskraft zu erzeugen. Dies ist für die Fahrzeugzulassung von grundlegender Bedeutung.
Bei der Bremsenberechnung werden normalerweise die technischen Daten des Aufliegers von den Herstellern übermittelt und der Erstausrüster von Bremsen führt anschließend die Berechnungen auf Grundlage dieser Angaben durch.
Bei Haldex wird dieser Arbeitsablauf nun künftig dank eines neuen, selbst entwickelten Bremsberechnungstools in verbesserter Form fortgeführt werden. Die neue App ermöglicht einen optimierten Ablauf, eine vereinfachte Informationseingabe, eine schnellere Erstellung von Berichten und bietet außerdem neue Funktionen. So gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, bestimmten Kunden die Nutzung des Tools zur Durchführung der eigenen Berechnungen zur Verfügung zu stellen.
Das ursprünglich als digitalisiertes Papierdokument verfügbare Antragsformular gibt es nun als Webformular, das einfacher auszufüllen und einheitlicher ist. Die Nutzerangaben müssen daher nicht mehr auf zeitaufwendige Weise vom Team überprüft werden.
Das Nutzung des neuen Webformulars ist klar und unkompliziert. Die Techniker machen Angaben über das Fahrzeug, das Projekt und den Auflieger: Typ, Anzahl der Achsen, Reifengrößen, Bremssystem, Abmessungen, Schwerpunkt sowie typische Lasten. Die Hardware des Trailers umfasst die Komponenten der Aufhängung und des Bremssystems. Aus den in einer Datenbank gespeicherten Optionen wählen Nutzer die gewünschten Optionen aus einem Pull-Down-Menü aus.
Das aktualisierte Formular gibt es nun auch auf der Haldex-Webseite für Sattelauflieger. Webformulare für Deichsel- (bzw. Vollanhänger) sowie Zentralachsanhänger werden voraussichtlich Ende des zweiten Quartals 2024 online gehen.
Das ausgefüllte Formular wird in den meisten Fällen zur weiteren Bearbeitung an das Haldex-Team weitergeleitet. Es gibt jetzt aber erstmals die Möglichkeit einer Nutzung des Systems durch externe Profis.
Qualifizierte Nutzer haben Zugriff auf das Display für Bremssysteme, das auf der Grundlage der eingegebenen Daten Leistungsparameter generiert, wobei Haldex den Zugang zu diesem System jeweils einzeln prüft. Die Leistungsparameter werden zudem automatisch mit den gesetzlich vorgegebenen Grenzwerten verglichen. Dieser Vorgang wird auch farblich hinter den Zahlen hervorgehoben: Grün bedeutet, dass die Konfiguration zulässig ist, wohingegen dies bei einer roten Anzeige nicht der Fall ist.
Durch die Änderung der Gerätespezifikationen können Nutzer die Ergebnisse anpassen und es erfolgt eine Aktualisierung des Systems in Echtzeit. Das System kann von den Nutzern innerhalb und sogar außerhalb der gesetzlichen Vorgaben verändert werden. Leuchten jedoch nicht alle Kästchen grün auf, hindert das Tool den Nutzer daran, zur nächsten Stufe weiterzugehen. Die voreingestellten Systemgrenzwerte dürfen nicht einmal von autorisierten Nutzern geändert werden.
Das Tool erstellt nach erfolgter Berechnung (innerhalb der gesetzlichen Vorgaben) automatisch einen Bericht mit einer technischen Dokumentation sowie einer Kopie des Bremsschemas.
Eine weitere, für das nächste Jahr geplante Entwicklung umfasst dann eine automatische Anpassung der Leistungsparameter durch das System zur Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen (sämtliche Kästchen leuchten grün auf). Hierbei hätten die Nutzer weiterhin die Möglichkeit, die Spezifikationen für eine optimale Konfiguration zu ändern.
Kristoffer Örndahl, leitender Mechatronik-Konstrukteur und Leiter des Entwicklungsteams, erklärt die Philosophie hinter dem neuen Bremsenrechner: "Das Fachwissen liegt jetzt mehr im Werkzeug als in den Personen, die das Werkzeug benutzen. Die Idee ist, dass die Leute, die die Bremsenberechnungen durchführen, nicht mehr nur aus dem Haldex-Personal bestehen, sondern auch aus externen Unternehmen, wie z.B. Herstellern, im Vergleich zu früher. Unser Ziel ist es, immer mehr KundenInnen die Möglichkeit zu geben, dies selbst zu tun.“
Das neue Tool hat auch mit Personen, die in den Ruhestand gegangen sind sowie mit Veränderungen im Unternehmen zu tun. Ein eigens dafür vorgesehenes Haldex-Team in Heidelberg hat mehr als 20 Jahre lang eine selbst entwickelte Software verwendet, und zwar zur Durchführung von jährlich 2.000 Bremsberechnungsanfragen an das Unternehmen. Als vor ein paar Jahren einige Mitglieder aus diesem Team in den Ruhestand gegangen sind, hat sich die Situation geändert. Nach der Schließung des Heidelberger Werks 2020 fand eine Verlagerung der Bremsenberechnungen in die Haldex-Zentrale nach Landskrona (Schweden) statt, wo der Fokus hauptsächlich auf Produktforschung und -entwicklung liegt. Externe Berater standen dem Unternehmen damals bei der Erfassung des Know-hows unterstützend zur Seite.
„In der Gruppe entstand die Idee zur Entwicklung eines neuen Tools, das uns bei der Arbeit Zeit spart und den Kunden die Informationsweitergabe erleichtert, was wiederum eine schnellere Bearbeitung nach sich zieht“, ergänzt Örndahl.
Ein Haldex-Team arbeitete mehr als ein Jahr lang mit einem lokalen Softwareentwickler an dem Projekt, so Örndahl. „Es war, als würde ich wieder lernen, Fahrrad zu fahren. Wir haben ganz von vorne angefangen und sind die umfangreiche UNECE Regelung Nr. 13 sowie die rechtlichen Anforderungen durchgegangen. So haben wir nach und nach - gemeinsam mit der Entwicklungsfirma und den Experten von Haldex - die Berechnungen von Grund auf neu erstellt.“
Das Team wusste dabei stets, wie wichtig das Projekt für die Sicherheit war, da falsche Ergebnisse zu einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit hätten führen können. „Die neuen Berechnungen wurden validiert und immer gemäß den alten und neuen Methoden durchgeführt. Dabei schaute man sich die Ergebnisse an und es wurde geprüft, ob sie gleich sind und der UNECE Regelung Nr. 13 entsprechen.“
Hierbei hat man nur wenige der wichtigsten Algorithmen geändert. Bei den Prozessverbesserungen ging es lediglich um die Klärung einiger Missverständnisse sowie die Korrektur einiger Berechnungen, die nicht mit den Verordnungen zusammenhingen. Laut Örndahl hat sich jedoch der Datenumgang des Systems geändert, da dieser grundlegend modernisiert wurde.
Das Ergebnis ist nun eine vollständig validierte, schlanke und moderne Schnittstelle, die für die Sicherheit von Aufliegern und den VerkehrsteilnehmernInnen von entscheidender Bedeutung ist. Dieses Projekt ist ein großartiges Beispiel dafür, wie Haldex auch weiterhin in seine Systeme und Prozesse investiert, damit KundenInnen diese heute und auch künftig nutzen können.



